Gedanken zu den Schriftlesungen zum Tag

von Prior P. Jakob Deibl

Die Gedanken, die wir, die Gemeinschaft der Benediktiner von Melk, an dieser Stelle mit Ihnen teilen wollen, beziehen sich auf die biblischen Texte, die für die Liturgie des jeweiligen Tages vorgesehen sind.

Gedanken zu den Schriftlesungen

Die Lesung aus der Apostelgeschichte (5,12–16) erzählt uns am heutigen Sonntag von einem raschen Wachstum der Zahl derer, die an den Herrn glaubten. Folgen wir der Logik des Textes, befinden wir uns in der ganz frühen Phase der Verkündigung, bald nach dem Pfingstfest: „Mehr an den Herrn Glaubende aber wurden hinzugefügt, Mengen von Männern und Frauen.“ (Apg 5,14)

Schriftlesungen zum Weißen Sonntag

Der Ostermontag steht ganz im Zeichen der Emmauserzählung (Lk 24,13–35). Darüber hinaus aber hören wir in der ersten Lesung des heutigen Feiertages eine Passage aus einer Rede des Apostels Petrus, wie sie in der Apostelgeschichte (2,14.22–32) nachzulesen ist. Gestern hörten wir die Rede, die Petrus im Haus des Hauptmanns Kornelius, heute jene Rede, die er zu Pfingsten hält.

Schriftlesungen zum Ostermontag

Für den Ostersonntag ist eine Auswahl an mehreren möglichen Schriftstellen vorgesehen: eine Passage aus der Apostelgeschichte (10,34.37–43), einige Verse aus dem 118. Psalm, eine Lesung aus dem Brief an die Gemeinde von Kolossä (3,1– 4) oder eine aus dem ersten Brief an die Gemeinde von Korinth (5,6–8), ein Auferstehungsevangelium, wie es Johannes verkündet (20,1–9), oder noch einmal das Evangelium der Osternacht von Lukas (24,1–12) oder aber die unmittelbar darauffolgende Erzählung (24,13–35).

Schriftlesungen zum Ostersonntag

Die Osternacht sieht in der Liturgie mehr Lesungen als alle anderen Tage des Jahres vor: sieben Lesungen aus dem Alten Testament und eine aus dem Neuen Testament und dazu jeweils einen liedartigen Text, meist aus den Psalmen, sowie das österliche Evangelium, wie es Lukas verkündet (Lk 24,1–12).

Schriftlesungen zur Osternacht

 

Prior Pater Jakob Deibl im Osterinterview mit religion.ORF.at.

Der letzte Feind, der entmachtet wird, ist der Tod“ (1 Kor 15,26). Damit ist im Korintherbrief des Apostels Paulus zusammengefasst, worum es bei Ostern geht: den Sieg des Lebens über den Tod und die Hoffnung der Menschen auf ein Leben danach.

 

Am Karfreitag wird alljährlich die Leidensgeschichte in der Version gelesen, die der Evangelist Johannes erzählt (Joh 18,1–19,42), wohingegen am Palmsonntag die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas einander entsprechend dem jeweiligen Lesejahr abwechseln. Heuer wurde die Passion, wie sie Lukas überliefert, gelesen. Am Karfreitag bildet die Leidensgeschichte sicherlich das oder zumindest ein wesentliches Zentrum der Liturgie. Die anderen vorgesehenen Lesungen treten demgegenüber ein wenig in den Hintergrund: eine Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja (Jes 52,13–53,12), Teile des 31. Psalms sowie eine Lesung aus dem Brief an die Hebräer (Hebr 4,14–16.5,7–9). Hört man allerdings genauer auf den Text aus dem Buch des Propheten Jesaja, kann man eine Ahnung erhalten, wie die Schülerinnen und Schüler Jesu versuchten, das unglaubliche Geschehen rund um Tod und Auferstehung Jesu zu verstehen. Dieser Text kann fast wie ein Hintergrundtext zu den Erzählungen vom Leiden und Auferstehen Jesu gelesen werden. Wenden wir uns genauer der Passage aus dem Buch Jesaja zu.

Schriftlesungen zum Karfreitag

Die Feier des Gründonnerstages bietet mit den für die Liturgie vorgesehenen Texten und Gesten eine Fülle sehr starker Motive: In der ersten Lesung wird von der Einsetzung des Pessachmahls vor dem Auszug aus Ägypten berichtet (Ex 12,1–14) – ein zentraler Wendepunkt in der Geschichte des Gottesvolkes Israel. Im 116. Psalm, der nach der Lesung aus dem Buch Exodus gesungen wird, hören wir das vertrauensvolle Bekenntnis:
Ach JHWH, ich bin doch dein Knecht, /
dein Knecht bin ich, der Sohn deiner Magd!
Gelöst hast du meine Fesseln.

Schriftlesungen zum Gründonnerstag

 

Der Palmsonntag, der den Beginn der Karwoche darstellt, markiert, wie das immer wieder gesagt wird, tatsächlich einen Umschwung in der Stimmung. Worin aber besteht dieser Übergang genau? Wir können im Folgenden die vielen für den heutigen Sonntag vorgesehenen Schriftstellen nicht alle auslegen: eine Perikope aus dem Lukasevangelium, gelesen vor der Prozession mit den Palmzweigen in die Kirche (Lk 19,28–40), sodann eine Lesung aus dem Buche Jesaja (50,4–7), Teile des 22. Psalms, eine Passage aus dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Philippi (2,6–11) sowie die Passionserzählung aus dem Lukasevangelium (22,14–23,56). Es wird vielmehr darum gehen, genauer zu bestimmen, worin der Umschwung liegt, den die biblischen Stellen des Palmsonntags anzeigen.

Schriftlesungen zum Palmsonntag

Immer stärker habe ich den Eindruck, der Zusammenhang der Schrifttexte, die beim Gottesdienst gelesen werden, kann vom ausgewählten Psalm her verstanden werden. Der erste Teil des 126. Psalms, den wir heute beten, lautet:

1Als der Herr das Geschick Zions wendete, *
da waren wir wie Träumende.
2Da füllte sich unser Mund mit Lachen *
und unsere Zunge mit Jubel.
Da sagte man unter den Völkern: *
Groß hat der Herr an ihnen gehandelt!
3Ja, groß hat der Herr an uns gehandelt. *
Da waren wir voll Freude.

Schriftlesungen zum 5. Fastensonntag

 

Der vierte Fastensonntag wird traditionell als Sonntag Laetare bezeichnet, als Sonntag der Freude. Diese Bezeichnung hat einen wichtigen Angelpunkt in einem Vers aus dem Buch Jesaja, der den Gottesdienst eröffnet: „Freut euch mit Jerusalem! Jubelt in der Stadt, alle, die ihr sie liebt.“ (Jes 66,10) Was Jerusalem betrifft, hat mit allen Menschen zu tun.

Schriftlesungen zum 4. Fastensonntag

Am heutigen dritten Fastensonntag erweist sich meines Erachtens die erste Lesung, die dem Buch Exodus entnommen ist (3,1–8.13–15), als ein Gravitationszentrum, um das sich die anderen Lesungstexte bewegen. Es handelt sich um eine zentrale Erzählung der Thora (der fünf Bücher Mose), von der man durchaus sagen könnte, alle anderen Texte der jüdischen und christlichen Heiligen Schrift sind Interpretationen dieser Stelle.

Schriftlesungen zum 3. Fastensonntag

Die Lesungstexte des heutigen Sonntags sind entnommen dem Buch Genesis (15,5–12.17f), dem 27. Psalm, dem Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde von Philippi (3,17–4,1) und dem Lukasevangelium (9,28–36). Damit werden in der Liturgie vier sehr starke Texte mit großem Eigengewicht zusammengeführt, von denen jeder unsere volle Aufmerksamkeit auf sich ziehen könnte. Beginnen wir damit, jeweils einen zentralen Satz der Texte zu zitieren.

Schriftlesungen zum 2. Fastensonntag

Der für heute vorgesehene Psalm ist die Grundlage, das zu bestehen, worum es im Evangelium geht (Psalm 91) – aber er ist auch, wie wir sehen werden, die Grundlage einer problematischen Argumentation:

1Wer im Schutz des Höchsten wohnt,
der ruht im Schatten des Allmächtigen.
2Ich sage zu JHWH: Du meine Zuflucht und meine Burg,
mein Gott, auf den ich vertraue.

Schriftlesungen zum 1. Fastensonntag

Vier Texte sind für den heutigen Sonntagsgottesdienst als Lesungen vorgesehen: eine Lesung aus dem Buch Jesus Sirach (27,4–7), Teile des 92. Psalms, ein Abschnitt aus dem ersten Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde von Korinth (15,54–58) und eine Perikope aus dem Lukasevangelium (6,39–45). Die heutigen Lesungstexte legen uns eine Fülle kurzer Sinnsprüche, Formeln oder kleiner Bilder vor, wobei manche in einem klaren Zusammenhang stehen, andere aber eher lose aneinandergereiht erscheinen. Ich beginne mit einem Hinweis auf den engen Zusammenhang zweiter Worte.

Schriftlesungen zum 8. Sonntag im Jahreskreis

Die Lesungstexte des heutigen Sonntags durchziehen zwei Linien – eine sozusagen horizontal und eine vertikal. Die horizontale Linie verbindet die erste Lesung, die dem ersten Buch Samuel entnommen ist (1 Sam 26,2–24), den 103. Psalm und das Evangelium, eine Perikope, wie Lukas sie überliefert (Lk 6,27–38). Sie steht unter dem Stichwort der Barmherzigkeit: David übt, wie wir im Buch Samuel hören, nicht Rache an dem ihm feindlich gesonnenen König Saul, obwohl sich ihm dazu unverhofft eine günstige Gelegenheit ergeben hätte.

Schriftlesungen zum 7. Sonntag im Jahreskreis

Die erste Lesung des heutigen Sonntags, eine kurze Stelle aus dem Buch des Propheten Jeremia (17,5–8), und der erste Psalm, der als eine Antwort auf die Lesung vorgesehen ist, zeigen, wie nahe prophetische Verkündigung und poetische Rede einander kommen können – und wie sie doch gewisse Unterschiede haben können. In beiden Texten werden einander zwei Grundhaltungen gegenübergestellt, die wohl jeden Menschen innerlich durchziehen: ein produktiver Weg und ein destruktiver Weg.

Schriftlesungen zum 6. Sonntag im Jahreskreis

Im Stift Melk wird das Fest der Kreuzerhöhung, das im liturgischen Kalender der katholischen Kirche am 14. September gefeiert wird, als Fest der Auffindung des Melker Kreuzes an einem Sonntag Anfang Februar begangen. Gedacht wird dabei der Wiederauffindung des Kreuzes nach einem Diebstahl. Das Melker Kreuz, das der Legende nach einen Splitter vom Kreuz Christi birgt, wird an jenem Tag während der Messe als Prozessions- und Altarkreuz verwendet. Es wird der anwesenden Gemeinde gezeigt – was ein wenig daran erinnert, wie beim Fest der Kreuzerhöhung in Jerusalem das Kreuz Christi, das auf wunderbare Weise von Helena, der Mutter von Kaiser Konstantin, wiedergefunden worden war, den anwesenden Gläubigen gezeigt wurde.

Schriftlesungen zum Fest der Kreuzerhöhung

 

Auf den heutigen vierten Sonntag im Jahreskreis fällt heuer das Fest Darstellung des Herrn, welches früher im katholischen Festkreis die Weihnachtszeit beendete und besser unter dem Namen Mariä Lichtmess bekannt ist. Das Geschehen dieses Festes wird uns in einer Perikope aus dem Lukasevangelium nahegebracht (Lk 2,22–40). Jesus wird vierzig Tage nach seiner Geburt in den Tempel gebracht, wo entsprechend jüdischer Praxis bestimmte Rituale vollzogen werden, welche einerseits Maria als Mutter des Kindes, andererseits Jesus als Erstgeborenen betreffen. Im Zuge dessen kommt es zu zwei Begegnungen: Simeon und die Prophetin Hanna sind zwei fromme ältere Menschen, die sich im Umkreis des Tempels aufhalten und auf Jesus aufmerksam werden.

Schriftlesungen zum Fest der Darstellung des Herrn

Die erste Lesung des heutigen Sonntags ist dem Buch Nehemia (8,1–10) entnommen, welches gemeinsam mit dem Buch Esra (in der jüdischen Tradition gelten sie als ein Buch) vom Wiederaufbau des religiösen Lebens in Jerusalem nach dem babylonischen Exil erzählt. Ein wichtiges Element in diesem Bemühen um Erneuerung ist die Lektüre des Gesetzes, der Thora. Die Verlesung erfolgt am ersten Tag der Woche, dem Tag der Schöpfung schlechthin, der auch der Tag der Erneuerung der Schöpfung ist – Neuschöpfung aus der Lektüre der Thora.

Schriftlesungen zum 3. Sonntag im Jahreskreis

 

 

Mit dem heutigen Sonntag sind wir wieder ganz in der Zeit des Jahreskreises angekommen, allerdings zählt dieser Sonntag bereits als der zweite Sonntag des Jahreskreises. Als erster Sonntag gilt das Fest der Taufe des Herrn, das die Weihnachtszeit beschließt. Der Übergang wird also in gewisser Weise fließend gestaltet. Das unterstreicht auch die erste Lesung, welche dem Buch des Propheten Jesaja entnommen ist (62,1–5). Sie könnte genauso gut der Weihnachtszeit zugeordnet werden.

Schriftlesungen zum 2. Sonntag im Jahreskreis

Die Weihnachtszeit endet in der katholischen Kirche mit dem Fest der Taufe des Herrn, das am Sonntag nach Epiphanie, d.h. nach Erscheinung des Herrn, gefeiert wird. Dafür können die Lesung aus dem ersten Lesejahr der drei Jahre umfassenden Leseordnung genommen werden oder die Texte des aktuellen dritten Lesejahres, in welchem das Evangelium des Lukas einen besonderen Platz einnimmt. Mit welchen Texten entlässt uns der heutige Gottesdienst wieder ins Kirchenjahr?

Schriftlesungen zur Taufe des Herrn

Der Festtag der Erscheinung des Herrn ist nach dem Christtag der zweite wichtige Feiertag in der Weihnachtszeit. Der Tag ist mit dem Auftreten der Weisen aus dem Osten, den Sterndeutern oder drei Königen, sehr eng verbunden. Das ist auch keineswegs falsch, doch fragen wir, wie sich uns dieses Fest ausgehend von den Lesungen zeigt.

Schriftlesungen zum Festtag Erscheinung des Herrn

Am zweiten Sonntag nach Weihnachten hören wir in den Lesungen keine narrative, d.h. erzählerische Darstellung des Weihnachtsgeschehens mehr, sondern treten in die (philosophische, theologische) Reflexion darüber ein. Dies ist der zweite Schritt, der nach der Erzählung und der von ihr ausgehenden Faszination folgen muss. Ich möchte im Folgenden den Schwerpunkt auf zwei Motive legen, das Zelt und den Uranfang.

Schriftlesungen zum 2. Sonntag nach Weihnachten

Im Jahr 1974 erließ Papst Paul VI. im Zuge der Neuordnung des liturgischen Kalenders nach dem Zweiten Vatikanischen Konzils (1962–65) ein Schreiben über die Marienverehrung in der katholischen Kirche (Marialis Cultus). Darin heißt es:
Bei der Neuordnung des Weihnachtsfestkreises will es Uns scheinen, daß die gemeinsame Aufmerksamkeit auf das wiedereingeführte Fest der heiligen Gottesgebärerin Maria hingelenkt werden muß. Nachdem dieses entsprechend einer antiken Anregung der Liturgie der Stadt Rom auf dem 1. Januar festgesetzt wurde, ist es dazu angetan, den Anteil feierlich herauszustellen, den Maria bei diesem Heilsgeheimnis innehatte sowie die einzigartige Würde zu betonen, die sich hieraus für die „heilige Gottesgebärerin ergab... durch die wir den Urheber des Lebens empfangen durften” […].

Schriftlesungen zum Fest der Gottesmutter Maria

Am Festtag der Heiligen Familie, der am Sonntag nach dem Christtag gefeiert wird, wird sicherlich nicht der kleinbürgerlichen Familie gedacht, wie sie sich in bestimmten Weltgegenden in der Moderne etabliert hat. Sie hat ihren Ort weder in der jüdischen Welt zur Zeit Jesu noch in der römischen Antike.

Schriftlesungen zum Fest der Heiligen Familie

Am Tag nach dem Weihnachtsfest wird des Heiligen Stephanus gedacht, der als der erste christliche Märtyrer gilt. Wie lässt sich die Botschaft von Weihnachten damit verbinden? Zunächst kann gesagt werden, dass diese beiden Feste nicht miteinander verbunden werden müssen. Die Gedenktage der Heiligen haben sich unabhängig von den beiden großen Festkreisen, dem Weihnachts- und dem Osterfestkreis, entwickelt.

Schriftlesungen zum Stephanietag

Die erste Lesung des Weihnachtstages ist dem Buch Jesaja (52,7–10) entnommen. Diese Hoffnungsbotschaft kann man nicht oft genug hören:

Wie willkommen sind auf den Bergen
die Schritte des Freudenboten, der Frieden ankündigt […]

Schriftlesungen zum Christtag

Die erste Lesung, die wir am Heiligen Abend hören, spricht an ihrem Anfang aus, welche Hoffnung dieses Fest erfüllt. Sie geht auf den Propheten Jesaja (9,1–6) zurück, der verkündet:

Das Volk, das in der Finsternis ging,
sah ein helles Licht;
über denen, die im Land des Todesschattens wohnten,
strahlte ein Licht auf.

Schriftlesungen zum Heiligen Abend

Ältere Texte

Die Gedanken zu den Schriftlesungen vom Tag erscheinen seit 2020. Sollten Sie ältere Texte als die oben ersichtlichen benötigen, bitte wenden Sie sich an P. Jakob per Mail. Vielen Dank.

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