Das Stift Melk

„Ut in omnibus glorificetur Deus“ - Damit in allem Gott verherrlicht werde.

Prachtvoller Sakralbau in eindrucksvoller Lage

Ziemlich genau in der Mitte zwischen Wien und Linz liegt an der Donau weithin sichtbar auf einem Granitfelsen gleichsam wie eine Festung ein faszinierender  Barockbau, das Stift Melk. Weithin sind die Kuppel der Stiftskirche und die zwei mit Gold verzierten Türme, die wie zum Himmel emporgehobene Hände wirken, zu sehen. Damit deklariert sich das Prachtgebäude schon von weitem als Sakralbau und will sich damit von einem weltlichen Palast unterschieden wissen.
Das Stift Melk ist einer der eindrucksvollsten einheitlichen Barockbauten nördlich der Alpen und gleichzeitig Schwerpunkt der Gründungsgeschichte Österreichs.

"Das Schöne an Melk ist, dass das Stift nicht nur ein Museum, nicht nur eine Schule, nicht nur ein kunsthistorisch interessantes Gebäude ist, sondern dass sich auf allen Gängen und in allen Räumen Leben regt, es bewegt sich etwas. Bewegung ist notwendige Bedingung für Leben."

P. Martin Rotheneder OSB

HISTORIE STIFT MELK

976 wurden die Babenberger von Otto II mit der Ostmark belehnt um damit die Grenzen des Deutschen Reiches nach Osten zu sichern. Den Babenbergern gelang es diese Mark nach Norden und Osten auszuweiten und zu sichern. In dieser Ostmark gab es Burgzentren, die militärische, geistige und wirtschaftliche Mittelpunkte bildeten und so der Bevölkerung Schutz boten. Die Babenberger siedelten in Melk bereits ein geistliche Gemeinschaft - Kanoniker - an.

Als Melk durch die Ausdehnung der Mark an Bedeutung verlor, entschloss sich Leopold II. die Melker Burg in ein Kloster umzuwandeln. Landespatron Koloman und einige der ersten Herrscher Österreichs, die Markgrafen Heinrich, Adalbert und Ernst waren zu dieser Zeit bereits in Melk bestattet. Leopold II. rief Benediktiner aus Lambach in Oberösterreich nach Melk, die das Gebet am Grab der Babenberger sowie die Arbeit als geistliches Zentrum der Region aufrecht erhalten sollten.

Am 21. März des Jahres 1089 stiftete der österreichische Markgraf Leopold II. (1075-1095) aus dem Geschlecht der Babenberger Kirche und Burg auf dem Felsen von Melk dem ersten Benediktinerabt Sigibold und seinen Mönchen. Seither leben und wirken im Stift Melk in ununterbrochener Folge Mönche nach der Regel des heiligen Benedikt. In der Klosterbibliothek wird noch jenes Exemplar der Regel aufbewahrt, das die Mönche aus ihrem Heimatkloster mitgebracht hatten. Es handelt sich dabei also um ein Manuskript, das etwa 1000 Jahre alt ist.

Trotz mancher äußeren Schwierigkeiten blühte das Kloster. Die Melker Annalen, das Melker Marienlied überstanden den fürchterlichen Klosterbrand 1297 und zeigen die Regsamkeit der Mönche dieser Zeit. Es gab eine Schreibstube im Kloster und die Wurzeln der Klosterschule für Sängerknaben gehen in das Jahr 1160 zurück.

"Die Vergänglichkeit der Schöpfung, vor allem aber menschliches Versagen, Uneinsichtigkeit und einseitige Problemlösungen bedingen immer wieder Zeiten, die große Leistungen und Möglichkeiten wieder verfallen und ungenützt vorbeigehen lassen. 
Die Zeit der Renaissance und des Humanismus sowie der Reformation lassen deutlich werden, wie gewaltige geistige Strömungen und bedeutende bewegende Kräfte große Möglichkeiten eröffnen, großartige kulturelle und geistige Kräfte freisetzen, auf der anderen Seite aber menschliche Defizite und Einseitigkeiten spürbar werden lassen. So kommt es im Leben, wie auch im Verlauf der Geschichte immer wieder zu einem Auf und Ab."

Abt em. Dr. Burkhard Ellegast OSB, Textausschnitt aus "Das Stift Melk"

 

14. & 15. Jahrhundert | Konzil von Konstanz

Im 14. Jhd. kam es zum Abstieg der Kirche. Naturkatastrophen, eine Pestepidemie, das babylonische Exil der Päpste in Avignon, das abendländische Schisma waren Symptome des Niederganges in der Kirche. Es bedurfte einer dringenden Reform. Das Konzil von Konstanz (1414 - 1418) sanierte zwar die Institution "Kirche" wieder, sodass es nur einen Papst gab, die gewünschte Reform der Kirche blieb allerdings aus. Der Ruf nach Reform weckte aber Kräfte, die große geistige und kulturelle Leistungen hervorbrachten. Die Klöster hatten durch das Konzil von Konstanz den Auftrag zur Reform erhalten. Melk wurde ein Reformzentrum. Von der Melker Reform ausgehend kam es zu einem Neubeginn in den österreichischen Klöstern sowie im gesamten süddeutschen Raum. Melk wurde bald durch seine Verbindung zur Wiener Universität ein monastisch kulturelles Zentrum - ein "Musterkloster". Viele theologische, monastische und wissenschaftliche Werke entstanden zu dieser Zeit in Melk. Etwa zwei Drittel der Melker Handschriften stammen aus dieser Zeit. Trotz klösterlicher Blütezeit kam es zu keinem wirtschaftlichen Wachstum. Große finanzielle Forderungen kamen von den Landesherren an die Klöster und Äbte wurden in Streitigkeiten zwischen Landesfürsten und Adel hineingezogen. 1429 wurde, die trotz der ungünstigen äußeren Umstände umgebaute und zum Teil neugebaute Klosterkirche geweiht und später mit einem Tafelaltar von Jörg Breu dem Älteren ausgestattet.

Die Zeit der Reformation

Am Beginn des 16. Jhds kam es zu einem erneuten Tiefgang in der Klostergeschichte. Der Reformgedanke von Martin Luther breitete sich in Österreich rasch aus und es kam fast zu einem Stillstand des monastischen Lebens. Es blieben drei Patres, drei Kleriker und zwei Laienbrüder im Stift Melk. Weltliches Personal wurde zur Klosterverwaltung vom Landesfürsten eingesetzt, was viele Streitigkeiten zwischen Konvent und den Beamten auslöste. Die Kriege gegen die Türken bedurften großer Abgaben und die Besitzungen des Klosters rund um Wien waren verwüstet. Die Existenz des Klosters war stark bedroht. Der Aufschwung monastischen Lebens durch die Melker Reform war völlig zusammengebrochen.

Gegenreformation
Auf Drängen des Herrscherhauses kam es durch das Konzil von Trient zu einer Gegenreformation. Sehr bald war wieder eine Einheit im Glauben wiederhergestellt und es kam zu einem Aufschwung in der Klostergeschichte. Viele gut gebildete und religiös gelehrte Deutsche traten in das Kloster Melk ein. Es kam zu einer Erneuerung der Klosterschule und einer guten theologischen Ausbildung der Mönche. Melk wurde wieder zu einer geordneten klösterlichen Gemeinschaft.

"Der innerliche Aufschwung der Klostergemeinschaft im 17. Jahrhundert fand auch bald seinen äußeren Ausdruck, indem man die Klosteranlage barockisierte.  Es herrschte in Österreich eine gewaltige Aufbruchstimmung. Die Türkengefahr war gebannt, der Wirtschaftsaufschwung und vor allem die gesicherte Freiheit im Glauben drängten einfach dazu, die Lebensfreude und die neu gewonnene Glaubenssicherheit auszudrücken." 

Abt em. Dr. Burkhard Ellegast OSB, Textauszug aus "Das Stift Melk"

 

Die Barockzeit

Berthold Dietmayr (geboren 1670) wurde 1700 zum Abt des Stiftes Melk gewählt. Mit der Tatkraft seiner Jugend, seiner Zielstrebigkeit und geistiger Beweglichkeit nahm er anstehende Restaurierungsarbeiten in Angriff, die in einem kompletten Um- und Neubau der Klosteranlage endeten. Berthold Dietmayr hatte in Jakob Prandtauer einen kongenialen Baumeister gefunden und für die Innenausstattungen wurden namhafte Künstlerpersönlichkeiten ausgewählt (Antonio Beduzzi, Johann Michael Rottmayr, Paul Troger, Lorenzo Mattielli u. a.). 1738 kam es im Kloster zu einem Brand, der Teile des Klosters und die Türme der Kirche zerstörte. Dieser Schlag dürfte Abt Dietmayr die Kraft genommen haben. Er starb 1739. Seine Nachfolger vollendeten den barocken Neubau.

Aufschwung der Wissenschaft

Neben den baulichen Fortschritten war auch ein Aufschwung in der Wissenschaft spürbar. Historiker wie Anselm Schramb, Philibert Hueber und die Brüder Pez oder die Musiker Robert Kimmerling, Marian Paradeiser oder Johann Georg Albrechtsberger, waren weit über die Mauern Melks hinaus bekannt. 
Abt Berthold Dietmayr genoss großes Ansehen bei Hof und in den niederösterreichischen Landesständen. 1706 wurde er zum Rektor der Wiener Universität ernannt. 1728 erfolgte die Ernennung zum Wirklichen Geheimen Rat des Kaisers. 

Gott nahe sein

Der tiefe, fast erdhafte Glaube der Menschen holte den unnahbaren Gott auf die Erde herunter und baute ihm hier großartige Audienzhallen, für die nichts schön genug, nichts großartig genug sein konnte. Die Menschen in der Barockzeit wussten aber nicht nur um Glanz und Freude menschlichen Lebens, sondern auch dessen Kehrseite: um Leid und Not, Krankheit und Tod. Die Menschen holten Gott auf die Erde und hatten etwas, an das sie sich halten konnten. Prozessionen, Wallfahrten, Bußübungen oder Reliquienverehrungen sind Bemühungen der Menschen, um Gott besonders nahe zu sein.

"Schon unter Maria Theresia, einer zutiefst frommen und gläubigen Frau, bahnte sich vieles an. Ihre Minister wirkten vielfach schon ganz im Geist der Aufklärung. Als nach dem Tod Maria Theresias Joseph II. die Regierung antrat, war der Bann gebrochen. Mit voller Kraft begannen die Gedanken der Aufklärung den Staat und auch das Verhältnis zur Kirche zu bestimmen. Viele Klöster wurden aufgehoben, Wallfahrten, Bittprozessionen abgeschafft, jedes Tun, das mit Gefühl und Emotion verbunden war, eingeschränkt. Alles sollte im Namen der Vernunft geschehen."

Abt em. Dr. Burkhard Ellegast OSB, Textauszug aus "Das Stift Melk"

 

Die Zeit nach Maria Theresia

Staatliche Verordnungen griffen tief in das Leben des Klosters ein. Zahlreiche Pfarren kamen gemäß der josephinischen Pfarrordnung zum Kloster und belasteten die wirtschaftliche und personelle Situation des Klosters. Pfarrhöfe und Schulen mussten in den neuen Pfarren gebaut und erhalten werden. Mit der Pfarrseelsorge erfüllte Stift Melk eine wichtige staatliche Aufgabe und blieb so von der Aufhebung verschont.

1783 wurde auf kaiserlichen Befehl die theologische Hauslehranstalt in Melk geschlossen. Alleinige Ausbildungsstätte der jungen Theologen wurde das Wiener Generalseminar, in dem die Kleriker ganz im Geiste der Aufklärung erzogen wurden. Nach ihrem Studium kehrten sie in die Klöster zurück und durchbrachen alte Ordnungen. Ab 1769 griffen die neuen Gedanken auch auf die bisher abgeschlossene klösterliche Gemeinschaft von Stift Melk über. Ein Kommendatarabt wurde für die wirtschaftliche Führung des Klosters von der Regierung eingesetzt. Für die geistlichen Belange wurde ein "Kaiserlicher Prior" auf 3 Jahre vom Kapitel gewählt.
1787 wurde die Klosterschule von Melk nach St. Pölten verlegt, der Erhaltungsaufwand blieb aber beim Stift Melk.

Neue Selbstständigkeit

Nach dem Tod Joseph II. wurden einige Bestimmungen wieder aufgehoben und unter Kaiser Leopold II. (1790 - 1792) erhielten die Klöster wieder ihre Selbstständigkeit. Das Studium der Kleriker erfolgte wieder in den Klöstern. 1804 wurde das Gymnasium wieder nach Melk verlegt. Die Napoleonischen Kriegen und die josephinische Pfarrorganisation stellten eine große finanzielle Belastung im 19. Jahrhundert dar. Die josephinische Grundhaltung war noch lange in den Klöstern spürbar. Erst im 20. Jahrhundert war ein neuer Ansatz spürbar und Vernunft und Glaube kamen ins Gleichgewicht.

 

 

"Einseitigkeiten bringen Verwirrung und Zerstörung, verursachen letztlich das schmerzliche und so schwer zu verstehende Geschehen. Es bedarf oft bitterer Erfahrungen und langer Zeit, bis aus dem Wellental wieder ein Wellenberg wird. Wenn der Blick auf das Ganze, auch auf den Menschen verloren geht, wird menschliches Leben immer gefährdet sein."

Abt em. Dr. Burkhard Ellegast OSB, Textauszug aus "Das Stift Melk"

 

Das Stift Melk im 20. Jahrhundert

Die beiden Weltkriege haben Europa zutiefst in seinen Fundamenten erschüttert. Der Glaube wurde vielfach zurückgedrängt. Eine Säkularisierung des Denkens, das jede höhere Macht letztlich ablehnt und eine Verantwortung vor Gott nicht mehr kennt, führte zu fürchterlichem Töten und Morden, zu Ausgrenzung und Machtmissbrauch.

Die Klöster standen da und beteten trotz allem und jedem, versuchten Halt und Hilfe zu sein und einen klaren Weg des Miteinanders und des Glaubens zu gehen.

Während und nach dem ersten Weltkrieg wurden trotz größter Schwierigkeiten eine Kanalisation, eine neue Wasserleitung und elektrisches Licht in die Klosteranlage eingeleitet. Auch Sanierungsarbeiten waren dringend notwendig und konnten nur durch Verkauf von Kulturgütern (z. B. Gutenbergbibel) finanziert werden.

Ab 1938 drohte dem Stift Melk die ständige Aufhebung. Patres waren von Verhaftungen bedroht. Viele der Mitbrüder mussten in den Krieg. Grundbesitz und das Gymnasium wurden enteignet, Räume beschlagnahmt. Nur ein kleiner Teil durfte als Kloster bestehen. Da die Abtei nicht aufgehoben wurde, konnten die Tage des Kriegsendes und der Besatzung, die für aufgehobene Klöster große Schäden brachten, gut überstanden werden.

Nach dem Krieg

Nach den beiden Weltkriegen versuchte man wieder klösterlichen Geist in die Abteien zu bringen. Der Krieg und die Nachwuchssperre hatten wesentliche Lücken hinterlassen. Abt Maurus gelang es durch seine seelsorgerische Stärke die Probleme in den Griff zu bekommen und eine kirchenbewusst-priesterliche Richtung einzuschlagen. Schule, Pfarren und Kloster sollten gleichermaßen versorgt werden. Die stark beschädigte Kuppel wurde restauriert und die längst fällige Außenrestaurierung in Angriff genommen.

1960 wurde mit der Barockausstellung der Grundstein für die Öffnung von Stift Melk für Touristen gelegt. 380.000 Besucher konnten damals gezählt werden.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Schule für Mädchen geöffnet, große wirtschaftliche Umstellungen fanden statt, Bereiche der Klosteranlage wurden für Gäste und Besucher adaptiert und eine Generalsanierung gestartet.