Team der Stiftsbibliothek Melk hielt Vortrag über die Borgia
Die Borgia sind heuer Thema des Sprechstücks der Sommerspiele Melk. Dr. Johannes Deibl, Leiter der Stiftsbibliothek Melk und Mag.a Bernadette Kalteis hielten über diese einflussreiche wie anrüchige Familie der Renaissancezeit einen Vortrag in Kooperation mit der Wachau Kultur Melk, der ergänzend zum Stück eine differenziertere Wahrnehmung der Borgias anbot.
Eingegangen in die Geschichte sind die Borgia durch Nepotismus, Korruption, politische Morde und Blutschande, die ihren bekanntesten Vertretern zur Last gelegt werden. Die Borgia wussten sich zu behaupten – sie brachten zwei Päpste hervor, stellten mehrere Kardinäle und sorgten auch in der Weltpolitik für Furore. Die Familie steht bis heute im Interesse der Öffentlichkeit, davon zeugen Fernsehserien, Sachbücher, Kunst und Kultur.
Historische Figuren wie die Borgia sind von unzähligen Mythen umrankt, über die Jahrhunderte passiert automatisch eine politische wie künstlerische Übermalung. Die Vortragenden begaben sich an diesem Abend der Historie auf die Spur und konnten anhand des reichen Quellenbestandes der Stiftsbibliothek bzw. aus den Archiven doch aufzeigen, wie viel an Fiktion die heutige Wahrnehmung bestimmt. Schon zu Lebzeiten gab es Verleumdungen, die sich weitergesponnen haben – von Kunst und Literatur wurden diese dankbar aufgenommen. Victor Hugos „Lucretia Borgia“ (1833) zeigte sich hierfür als besonders breitenwirksam.
Dass die Borgia im 16. Jahrhundert mit dem Jesuiten Francesco, einem Urenkel Papst Alexanders VI., auch einen Heiligen der katholischen Kirche hervorgebracht haben, ist im allgemeinen Bewusstsein weniger präsent. Das über 300 Jahre unbekannte, weil unpublizierte Stück „El gran duque de Gandia“ (1639) des großen spanischen Barockdramatikers Calderón hätte entscheidend bei der Popularisierung helfen können: „Den heiligen Francesco gilt es in Bezug auf die Borgia noch ‚auszugraben‘ und zu ‚entstauben‘, hier gibt es ein noch ungehobenes Potenzial“, gaben die Vortragenden zu bedenken.
Die Stiftsbibliothek Melk ist ein wahrer Fundus, Wissenschafter*innen aus aller Welt nutzen den Bücherschatz als Quelle. Für die Vortragenden ist das jährliche Thema der Sommerspiele willkommener Anlass, selbst zu forschen und zu recherchieren, verborgene Geheimnisse zu lüften und Geschichten zugänglich zu machen.
Fotos: Stift Melk/Brigitte Kobler
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Gruppenbild v. l. n. r: Dr. Johannes Deibl, Leiter Stiftsbibliothek, Mag.a Bernadette Kalteis, Bibliothekarin, und Alexander Hauer, Künstlerischer Leiter der Sommerspiele Melk